Neuer Ärger aus Brüssel wegen Nitratbelastung im Grundwasser
Die Europäische Kommission hat Deutschland am Donnerstag erneut ermahnt, stärker gegen die Verunreinigung von Wasser durch Nitrate vorzugehen. Sie hat nun die zweite Stufe im laufenden Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet und kann im nächsten Schritt Klage vor dem Europäischen Gerichtshof einreichen, wenn Deutschland nicht binnen zwei Monaten reagiert.
Trotz einer zunehmenden Nitratbelastung des deutschen Grundwassers und der Oberflächengewässer, einschließlich einer Eutrophierung vor allem der Ostsee, hat Deutschland aus Sicht der Brüsseler Behörde nicht genug für die Reduzierung oder Prävention der Nitratbelastung getan. Das schreibe aber das geltende EU-Umweltrecht vor.
In Deutschland ist die Düngeverordnung das Hauptinstrument zur Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie. Deren Vorgaben würden jedoch bisher klar verfehlt, heißt es: Die jüngsten von Deutschland vorgelegten Zahlen zeigen, dass der vorgeschriebene Grenzwert von 50 Milligramm Nitrat pro Liter Wasser zwischen 2008-2011 an über der Hälfte (50,3 %) aller Messstellen überschritten wurde, unverändert gegenüber dem Zeitraum 2004-2007.
Im Vergleich zu 2004-2007 sei die Nitratbelastung sogar an 40 % aller Messstellen gestiegen. Dennoch habe Deutschlands keine Sofortmaßnahmen ergriffen, um gegen die Nitratbelastung im Wasser vorzugehen, wie es die EU-Nitratrichtlinie vorsieht. Dazu könnten laut Richtlinie eine stärkere Begrenzung der Ausbringung von Düngemitteln auf landwirtschaftlichen Flächen oder ein Verbot für das Ausbringen bestimmter Düngemittel während bestimmter Zeiträume zählen.
Am 18. Oktober 2013 hatte die Kommission Deutschland ein Fristsetzungsschreiben übersandt, die erste Stufe eines Vertragsverletzungsverfahrens. Da seitdem aus Sicht der Kommission seitens Deutschland keine adäquaten zusätzlichen Sofortmaßnahmen zur Verringerung der Nitratbelastung erfolgten, hat die Kommission auf Empfehlung des EU-Umweltkommissars Janez Potočnik am Donnerstag die zweite Stufe eingeleitet und eine mit Gründen versehene Stellungnahme übermittelt.
CDU/CSU hält Verfahren für überflüssig
Franz-Josef Holzenkamp
“Unsere Messungen zeigen, dass der Nitratgehalt im Grundwasser, der von der Landwirtschaft verursacht wird, teilweise kontinuierlich zurückgeht, teilweise aber auch ansteigt”, konterte Franz-Josef Holzenkamp von der CDU/CSU-Fraktion am Freitag.
Er hält es für sinnvoller, die Düngeverordnung weiter anzupassen. Sie sei das Instrument, mit dem Deutschland die EU-Wasserrahmenrichtlinie umsetze. “Daran arbeitet die Bundesregierung bereits intensiv. Die CDU/CSU-Fraktion geht davon aus, dass das Bundeslandwirtschaftsministerium zeitnah einen Entwurf vorlegen wird.”
Vor diesem Hintergrund hält Holzenkamp die Androhung der EU-Kommission, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesregierung einzuleiten, für überflüssig. “Unser Ziel ist es, die Düngeverordnung praxisgerecht weiterzuentwickeln. Das heißt, wir brauchen Lösungen, die regionale Gegebenheiten berücksichtigen und die es den Ackerbauern ermöglichen, ihre Pflanzen fachgerecht zu düngen. Und die neuen Regeln müssen von den Landwirten auch einfach umgesetzt werden können.”
Den von der Kommission in der Vergangenheit erhobenen Forderungen zur Novellierung der Düngeverordnung hat es seiner Meinung nach teilweise an einer solchen Praktikabilität gefehlt. Niemandem sei aber damit geholfen, wenn die Düngevorgaben den Anbau bestimmter Nutzpflanzen in Deutschland unmöglich machen.
Grüne werfen Regierung Verzögerungstaktik vor
Friedrich Ostendorff
Friedrich Ostendorff von den Grünen hält der Bundesregierung dagegen vor, in der Vergangenheit versäumt und bewusst aufgeschoben zu haben, effektive Maßnahmen zum Schutz der Gewässer anzugehen. „Diese Erfolge der Agroindustrie-Lobby führten dazu, dass sich 60 % des Grundwassers in Niedersachsen in einem schlechten Zustand befinden und 40 % des Grundwassers in Nordrhein-Westfalen nicht den guten chemischen Zustand erreichen“, sagte er am Freitag. Hauptgrund für diesen Zustand sind seiner Meinung nach die „Gülleseen der Intensivtierhaltung mit zu vielen Tieren auf zu wenig Fläche“, wie er sich ausdrückte.
Im Namen der Grünen ruft er die Bundesregierung auf, die viel zu lange verzögerte Novellierung der Dünge-Verordnung zu nutzen, um den Umweltschutz voranzubringen und eine Intensivlandwirtschaft auf Kosten der Allgemeinheit zu beschränken.